Landkreis(hu). Die Politiker, die sich am Sonntag zur Wahl stellen, hoffen auf Stimmen. Doch was erhoffen sich gesellschaftlich engagierte Bürger von Bayerns Volksvertretern? In künstlerischer Hinsicht nicht (mehr) viel, lautet die ernüchternde Antwort von Ludwig Angerer dem Älteren. Denn von Ausnahmen abgesehen „hat sich der Politiker von der Kunst verabschiedet“, sagt der Biburger Architekt, Bildhauer, Kunstmaler und Autor.
Eine Erwartung hätte der 65-jährige freilich schon an die Politiker im Freistaat: „Etwas mehr Pluralität hinsichtlich der künstlerischen Entwicklung“ müsste die Kulturpolitik zulassen.
Denn in den Genuß staatlicher Förderung kommt nach seiner Erkenntnis „nur die modernistische Kunst, die die Menschen aber eigentlich gar nicht haben wollen. Kunst, wie ich sie beispielsweise mache, gegenständliche Kunst, bekommt hingegen nicht die geringste Chance. Weder die Werke, noch die Protagonisten. In der Akademie der Bildenden Künste wird keine gegenständliche Kunst mehr gelehrt“, wettert der Autor des Buches „Kulturpause“. Schuld sei eine Art „Mafia, die alles unter sich aufteilt.
Dabei verlangen die Menschen nach einer „Kunst, die man anschauen kann“, besonders im christlichen Bereich ist Angerer überzeugt. Das zumindest schließt er aus dem „Zuspruch für meine Kapelle“, die 2000 in Biburg eingeweiht wurde.
Der „wahren Kunst“ zu ihrem Recht zu verhelfen, das müsse man ja eigentlich von einem Kultusminister erwarten – aber ich erwarte es eigentlich gar nicht mehr“, gibt sich Angerer der Ältere pessimistisch. Liegt’s vielleicht daran, dass zu wenige Künstler in der Politik sind? „Nein, die würden da untergehen, weil sie ein anderer Menschentyp sind“. Umgekehrt sei’s: „Politiker sind zu wenig künstlerisch gebildet“, sagt Angerer der Ältere und erinnert mit Wehmut an einstige Monarchen, die ein Instrument spielten oder malten. Heute hingegen haben die Museen nur noch „Alibi-Funktion“ in der Politik.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Nicht, dass sich der Biburger Künstler die Monarchie zurück wünschte. Zur Wahl zu gehen ist für ihn Bürgerpflicht, „sonst stirbt ja die Demokratie und das wüsst’ ich nichts besseres“. Und rein auf die viel geschmähten Politiker will er seine Schelte auch nicht reduzieren. Für eine generelle gesellschaftliche Entwicklung hält er den Verlust des Kunst-Soinns, „wie eine Krankheit, die sich ausleben muß“ (wobei freilich diese Krankheit in einer Multi-Kulti-Gesellschaft tödlich enden werde….)
Doch bekanntlich stirbt ja die Hoffnung zuletzt und so hofft Angerer der Ältere also, „dass es doch den einen oder anderen Politiker gibt, der sich für die Kunst interessiert“. Und ist ansonsten bemüht, „die künstlerische Fahne hoch zu halten“.
Kelheim, MZ, 16.September 2003